Ich bewundere Schreiber, die ihre Geschichte minutiös festlegen, bevor sie auch nur den ersten Satz schreiben.
Nicht, das ich nicht selbst jeden Band plotte! Über viele Monate, oft Jahre, werden Ideen gesammelt. Den Großteil verwerfe ich, aber ganz allmählich schält sich eine brauchbare Grundidee heraus, die viel einfacher „funktioniert“ als die komplizierten Konstruktionen der ersten Ideenphase.
Dann geht es daran, dem Ganzen eine Struktur zu geben. Wie viele Haupt- und wichtige Nebenfiguren braucht diese Geschichte? Was sind die zentralen Handlungsorte? Passt das Geschehen in die Dreiakter-Struktur, die ich verwende? Schreibe ich in einer oder mehreren Zeitebenen?
Zuletzt entsteht für jedes Kapitel eine kurze Zusammenfassung, an der ich entlangschreibe. Halt: Entlangschreiben möchte.
Dann geht es los, zäh und mühsam und mit viel Angst vor dem leeren Blatt. Aber die Struktur hält, bis – ja, bis die Figuren anfangen, ihre eigenen Wege zu gehen und die Inhalte, die ich so schön geplant hatte, auf einmal nicht mehr zueinanderpassen. Plotlöcher von astronomischer Größe tun sich auf, wo eben noch ein Handlungsstrang direkt aufs Ende zielte.
Der Widersacher des Finsteren Manns ist so eine Figur und das, was er tut und erlebt, reißt Löcher auf, die mich wochenlang blockieren. Wie bekomme ich jetzt noch X und Y in den Text, wenn doch Z eine völlig andere Richtung weist? Wie kann ich eine Figur auf den Weg schicken, passt das auch wie geplant in den großen Webteppich der allgemeinen Handlung, bilden sich Zeitschlaufen oder reißt der Faden? Der Widersacher soll zum Kuckuck noch mal endlich seinen angestammten Ort verlassen – aber gerade hat er nichts Besseres zu tun, als den Wider-Widersacher zu piesacken.
Beruhigende Erfahrung, wenn ich auf „Ishabel“ zurückblicke: Gerade die Dinge, die sich überraschend in die Geschichte geschmuggelt haben, machen das Buch lebendiger, stimmiger und lesbarer.
Also taste ich mich schreibend weiter um das Plotloch herum und warte ängstlich auf das nächste. Aber das Ende von Teil 2 ist in Sicht. Noch zwei oder drei Kapitel, dann … fürchte ich mich vor dem dritten Akt.